Autorenvertrag

1. Einleitung

Wenn man das erste Mal einen Autorenvertrag (auch Verlagsvertrag genannt) in den Händen hält (oder heutzutage vielmehr am PC betrachtet), ist die Aufregung möglicherweise groß. Wir gehen davon aus, dass es sich um einen Vertrag mit einem richtigen Verlag und nicht mit einem Zuschussverlag handelt. Schnell wird sich aber  Ernüchterung breit machen, wenn man die ganzen Rechte sieht, die alle auf den Verlag übergehen sollen. Oder man die vielen unterschiedlichen Prozentzahlen bei der Vergütungsregelung nicht durchschaut.

Der nachfolgende Beitrag soll etwas Licht in die Dämmerung bringen. Eine kurze Einführung in das Urheberrecht findet sich übrigens hier.

2. Vertragsgegenstand

In der Regel hat der Verlag geistige Ergüsse des Autors schon gesehen (in Form von Exposé und Leseprobe), bevor er ihm einen Autorenvertrag anbietet und weiss daher, worauf er sich so ungefähr einlässt. Dennoch wird oft ein gemeinsames Konzept festgelegt, in dem sich eine Beschreibung des Buchinhalts wiederfindet. Hierauf wird beim Punkt Vertragsgegenstand üblicherweise Bezug genommen, was legitim ist, so dass das Konzept Bestandteil des Verlagsvertrages wird.
Auch werden der voraussichtliche Umfang und der voraussichtliche Ladenpreis festgelegt. Der Titel wird hier meist als „Arbeitstitel“ bezeichnet, ist also vorläufiger Natur. Ein Alleinentscheidungsrecht des Verlages zur endgültigen Titelfestlegung ist an dieser Stelle eher unüblich und sollte daher abgelehnt werden. Standard sind vielmehr Formulierungen, wonach sich beide Seiten auf einen Titel später einigen werden.

3. Pflichten des Autors

Manchmal sieht ein Autorenvertrag vor, dass der Verlag dem Autor inhaltliche Vorschläge unterbreiten darf. Das ist für sich genommen ok, da es in Richtung Lektorat zielt, was dem Autor ja grundsätzlich erst einmal zu Gute kommt. Verlangt der Verlag aber, dass der Autor diese Vorschläge berücksichtigen muss, dann geht das meines Erachtens zu weit, auch wenn diese Pflicht mit dem Zusatz „nach Möglichkeit“ relativiert wird. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Verlag und Autor zeichnet sich dadurch aus, dass der Lektor den Autor von Änderungen überzeugen kann und der Verlag sich nicht eines juristischen Zwangsinstrumentes bedienen muss, das im Verlagsvertrag steht. Natürlich kann sich der Verlag darüber hinaus weigern, das Buch bei Missfallen herauszubringen, aber dann sollte sich der Autor grundsätzliche Gedanken machen, ob die Zusammenarbeit besser nicht ganz zu beenden ist.

Der Autor versichert dem Verlag im Autorenvertrag, dass keine Rechte Dritter verletzt werden. Hier sind – abgesehen vom Plagiat – insbesondere die Persönlichkeitsrechte real existierender Personen gemeint. Der kreativen Seele bleibt es unbenommen, bestimmte Charakterzüge eines Protagonisten der Wirklichkeit zu entnehmen. Wenn dies aber so weit geht, dass jemand in einer Romanfigur von Dritter Seite wiedererkannt wird, begeht der Autor eine Rechtsverletzung. Berühmtes Beispiel hierfür ist der Roman „Esra“ von Maxim Biller. Die Veröffentlichung wurde vom Bundesgerichtshof untersagt, da die Ähnlichkeiten der Figuren mit der früheren Lebensgefährtin von Maxim Biller und deren Mutter zu groß seien. Später hob das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung in Bezug auf die Mutter zwar auf, hielt das Verbot bezüglich der Ex-Geliebten aber aufrecht, da die Beschreibungen des Sexuallebens vor allem die Intimssphäre verletzten.

Bei den Pflichten des Autors findet sich im Verlagsvertrag manchmal ein sogenanntes Wettbewerbsverbot. Danach darf der Autor für einem bestimmten Zeitraum (zwei bis drei Jahre) kein Buch ohne Zustimmung des Verlages bei einem anderen Verlag veröffentlichen. Voraussetzung hierfür ist, dass dieses (zweite Buch) dem vertragsgegenständlichen Werk (erstes Buch) Konkurrenz machen würde.

Wenn man eine solche Klausel in seinem Autorenvertrag findet, heißt es erst einmal durchatmen, da es eine massive Einschränkung der Freiheit bedeutet. Vor allem in der Belletristik ist es möglich, dass der Folgeroman geeignet ist, dem Vorgänger Konkurrenz zu machen (es sei denn, man wechselt das Genre von Liebesroman zu Horror). Zwar steht in solchen Klauseln, dass der Verlag seine Zustimmung nicht „wider Treu und Glauben“ verweigern darf. Aber wann ist das der Fall? Die Formulierung „wider Treu und Glauben“ ist ein sog. offener Rechtsbegriff, der im Einzelfall ausgelegt werden muss. Es kann also niemand vorhersagen, ob der Verlag seine Zustimmung später erteilen muss und vor allem, ob er sie bei Bestehen einer solchen Pflicht auch tatsächlich erteilt. Somit sollte sich jeder Autor über einen solch engen Bund mit seinem Verlag eingehend Gedanken machen. Eine Rolle dürfte dabei die Höhe seiner Beteiligung an den Verlagserlösen sowie die Höhe des Vorschusses spielen. Mit anderen Worten: Ist der Verlag bereit, in den Autor nennenswert zu investieren, kann ein Wettbewerbsverbot nachvollziehbar und am Ende sogar akzeptabel sein. In allen anderen Fällen heißt es: verhandeln!

Nach dem Urteil des OLG Hamburg vom 19. 9. 2002 (Az.: 3 U 175/00) ist übrigens ein Wettbewerbsverbot im Autorenvertrag angesichts des wirtschaftlichen Risikos des Verlegers im Regelfall interessengerecht und daher zulässig.

4. Werkumfang, Ablieferung und Korrektur

Der Werkumfang und die Ablieferungstermine sollten geklärt und für den Autor akzeptabel sein. Üblich ist die Vorablieferung eines Teil des Werkes, damit sich der Verlag vom Arbeitsfortschritt ein Bild machen kann. Wenn der Autor das Werk nicht fristgemäß abliefert und auch die Nachfrist verstreichen lässt, hat der Verlag Schadensersatzansprüche. Man sollte diese Schadensersatzansprüche in jedem Fall auf ein Verschulden des Autors beschränken.

Die Fristen beim Korrektorat sollten auch für den Autor annehmbar sein (mindestens zwei Wochen). Wichtig ist die Unterscheidung zum Lektorat, das eine inhaltliche Überarbeitung des Textes beinhaltet. Fehlt eine Regelung zum Lektorat, sollte man diese ergänzen.

Der Erscheinungstermin des Buches im Handel sollte spätestens sechs Monate nach Abnahme des Werkes liegen. Eine Zeitspanne, wonach sich das Erscheinen um zwölf Monate verschieben kann, ist abzulehnen. Akzeptabel wären beispielsweise drei Monate.

5. Rechteeinräumung

Jetzt geht es ans Eingemachte im Autorenvertrag. Gerne beginnt dieser Abschnitt mit dem Satz „Autor räumt dem Verlag hiermit für alle Nutzungsarten die räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten und ausschließlichen Rechte zur Verwertung des Werkes ein.“

Ändert man diese Formulierung nicht, sind sämtliche Verwertungsrechte des Autors erst einmal weg und zwar bis die Urheberrechte an dem Werk erlöschen. Sprich, der Autor kann über sein Werk nie wieder verfügen (wir lassen an dieser Stelle die Rückrufsrechte nach dem Urhebergesetz mal außer Acht). Krass. Was also ist zu tun? Wir splitten es auf:

  • räumlich unbeschränkt: ist der Verlag groß und verfügt über ein weltweites Vertriebsnetz (Subverlage eingerechnet), ist dies unter Umständen akzeptabel. Sonst: Verhandeln.
  • zeitlich unbeschränkt: Bedeutet nach § 64 UrhG bis siebzig Jahre nach dem Tod des Urhebers. Also wird der Autor das nicht mehr, seine Kinder vielleicht und seine Enkel es wahrscheinlich erleben. Deshalb: Wieder verhandeln, zehn bis zwanzig Jahre sollten ok sein. Abgesehen davon ist die kommerziell relevante Zeitspanne zur Verwertung des Buches sowieso viel kürzer.
  • inhaltlich unbeschränkt: diese Formulierung sollte man ersatzlos streichen, da sie dem Autor die Möglichkeit nimmt, bestimmte Rechte aus dem Vertrag heraus zu verhandeln.

Beim Verfilmungsrecht sollte sich der Autor beispielsweise überlegen, ob er dieses dem Verlag uneingeschränkt überträgt. Vielleicht möchte der Autor beim Drehbuch ein Wort mitreden oder auf die Auswahl von Regisseur und Schauspielern Einfluss nehmen. Das geht nur dann, wenn die Rechte noch bei ihm liegen oder er zumindest sich vertraglich ein Mitspracherecht hat zusichern lassen.

Auch die Merchandisingrechte sollten im Autorenvertrag nicht uneingeschränkt übertragen werden, können sie in das Urheberpersönlichkeitsrecht eingreifen, wenn zB der Buchtitel mit dem Konterfei des Protagonisten eine Suppenpackung ziert. Generell kann man auch das Bearbeitungsrecht von einer Zustimmung des Autors abhängig machen.

Bei vielen anderen Rechten macht es hingegen Sinn, diese dem Verlag zur Verwertung zu überlassen.

6. Vertrieb des Werkes

Die Verlage wollen sich bei Vermarktung und Vertrieb des Buches nicht reinreden lassen. Trotzdem sollte sich der Autor im Autorenvertrag zumindest ein Mitspracherecht zusichern lassen. Die Gestaltung des Covers oder des Ladenpreises können man Ende genau so wichtig wie der Inhalt sein.

Vielleicht gelingt es auch, dem Verlag eine Zusage über die Höhe des Werbebudgets und der geplanten Maßnahmen (zB Inserate in Tageszeitungen, öffentliche Verlagsveranstaltungen, Autorenpräsenz an Buchmessen) zu entlocken.

Der Verlag sollte dem Autor die Höhe der jeweiligen Auflage unaufgefordert und schriftlich mitteilen. Dasselbe gilt für den Umstand, wenn das Werk vergriffen ist. Der Autor kann sich für den Fall, dass die Nachbestellung eines Printexemplars länger als 10 Tage dauert, ein Sonderkündigungsrecht zusichern lassen. Dasselbe gilt, wenn der Verkauf eine Mindeststückzahl unterschreitet.

7. Honorar

Beim Honorar verhält es sich wie überall in der Kreativbranche: Als Newcomer bekommt man in der Regel einen nicht so guten Deal (es sei denn, man ist medial bereits aus anderen Zusammenhängen bekannt), während der etablierte und erfolgreiche Autor bessere Konditionen erhält.

Einen Überblick, mit welchen Konditionen man rechnen kann, findet sich hier. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die übliche Beteiligung sich beim Hardcover in der Bandbreite von 8 bis 12 Prozent bewegt. Im Taschenbuch-Segment liegt die übliche Beteiligung zwischen 5 und 8 Prozent, bei den E-Books zwischen 25-30 Prozent. Möglich ist es auch, die Prozentsätze bei Erreichen bestimmter Verkaufszahlen anzuheben, zB ein Prozentpunkt ab dem 10.001. Exemplar im Hardcoverbereich.

Genauso wichtig wie die Höhe der Beteiligung ist die Bezugsgröße im Verlagsvertrag. 10 Prozent vom Nettoerlös sind etwas komplett anderes als 10 Prozent vom Nettoverkaufspreis. Der Nettoverkaufspreis ist eine objektive Größe, die naturgemäß höher liegt als der Nettoerlös. Beim Nettoerlös können z.B. Herstell- und Versandkosten, Agenturprovisionen, Steuern, Dritthonorare usw. abgezogen werden.  Eine Alternative wäre es noch, bei der Definition des Nettoerlöses bestimmte Abzugsposten herauszustreichen.

Abzulehnen sind auch Klauseln, nach denen der Verlag Tantiemen erst bei Erreichen einer bestimmten Verkaufszahl an den Autor ausschüttet. Das Argument, man könne sich das Erscheinen des Buches sonst nicht leisten, vermag nicht zu überzeugen. Ein guter Verlag muss seine Kalkulation so aufstellen, dass das Geschäft für ihn am Ende wirtschaftlich wird, ohne dass sich der Autor an den Kosten beteiligt.

Thema Vorschuss: Als unbekannter Autor wird es auch hier schwierig werden, einen Vorschuss zu ergattern. Klar, es streichelt die Künstlerseele, wenn der Verlag seine Überzeugung vom Werk auch beim Vorschuss zum Ausdruck bringt. Auf der anderen Seite sollte man dabei nicht außer Acht lassen, dass es sich dabei nur um einen Vorschuss handelt, der mit den späteren Erlösen des Autors verrechnet wird. Auf keinen Fall aber sollte der Vorschuss an den Verlag rückzahlbar sein, wenn er nicht durch die Erlöse gedeckt wird.

Bei der Regelung der Abrechnungsmodalitäten ist es im Verlagsvertrag üblich, dem Autor ein Recht einzuräumen, die Abrechnungsunterlagen durch einen externen Sachverständigen (zB Steuerberater) prüfen zu lassen. Sollte die Prüfung ergeben, dass der Verlag zum Nachteil des Autors abgerechnet hat, dann kann der Autor nach den Vertragsbestimmungen Ersatz für die Kosten der sog. Buchprüfung einfordern. Die meisten Verträge sehen dieses Recht erst vor, wenn die Abweichung 10 Prozent oder mehr zu Ungunsten des Autors beträgt. Diese Prozentzahl kann man auch versuchen, nach unten zu verhandeln.

8. Ladenpreisaufhebung und Makulierung

Hier empfiehlt es sich, im Verlagsvertrag eine genau Stückzahl einzufügen, bei deren Erreichen der Verlag den Ladenpreis aufheben darf. Sonst kann es passieren, dass man von diesem Schritt des Verlages überrascht wird oder gar erst in der Buchhandlung sieht, dass das eigene Buch auf dem Ramschtisch liegt. Man sollte auch eine Pflicht des Verlages ergänzen, den Autor von einer bevorstehenden oder zumindest erfolgten Verramschung zu informieren.

Möglich ist ein Sonderkündigungsrecht des Autors für den Fall, dass der Buchverkauf keine nennenswerten Stückzahlen mehr erreicht.

9. Optionen

In einigen Verlagsverträgen finden sich Bestimmungen zu Optionen. Danach kann der Verlag den Autor verpflichten, sein nächstes Werk für einen bestimmten Zeitraum (24 bis 36 Monate) ausschließlich dem Verlag zur Verwertung anzubieten. Der Autor ist also daran gehindert, sich während dieser Zeit einen anderen Verlag zu suchen. Manchmal erhält er zum „Trost“ eine Optionsgebühr, die aber meist von der Höhe her nicht nennenswert ist.

Der Autor sollte sich genau überlegen, ob er eine solche Bindung eingehen möchte und ob der Verlag es wert ist. Die Seite des Verlages ist andererseits auch verständlich. Investiert er in die Vermarktung eines Buches, zahlen sich die Früchte möglicherweise erst mit dem Folgewerk aus. Erscheint dieses jedoch bei einem anderen Verlag, hat man nichts davon.

 

Wenn Sie Fragen zum Autorenvertrag oder zu anderen Themen haben, berate ich Sie gerne. Dazu ist es nicht notwendig, dass Sie in meine Kanzlei kommen. Sie können mir Ihr Anliegen vorab per Mail (auch mit Anhängen) zuschicken. Ich werde Ihnen dann ein unverbindliches Angebot für ein Mandat erstellen und mich gegebenenfalls telefonisch mit Ihnen in Verbindung setzen. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.

 

 

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